Entwicklung und Charakterisierung

Vor dem Hintergrund der Ausführungen zur Allgemeinen Psychotherapie verstehe ich Verhaltens­therapie vor allem als bewältigungsorientierte, störungsspezifische und ressourcenorientierte Psychotherapieform. In den letzten Jahren sind eine Vielzahl effektiver Methoden entwickelt worden, um ganz gezielt psychische Störungen behandeln zu können. Verhaltenstherapeuten waren und sind sehr daran interessiert, die Wirksamkeit ihrer Methoden wissenschaftlich zu überprüfen.

Die Verhaltenstherapie hat ihre theoretischen Ursprünge in den Lerntheorien der experimentellen Psychologie. In den 70er Jahren erfolgte eine deutliche Neuorientierung dieser Therapieform. Zunehmend wurden internale Prozesse (Gedanken, Gefühle, Bewertungen etc.) in die Therapie einbezogen. Somit rückte in den Fokus, wie wir über bestimmte Situationen denken und welche Bedeutungen wir ihnen beimessen. Entscheidende Wegbereiter dieser sogenannten kognitiven Verhaltenstherapie waren die Amerikaner Albert Ellis, Aaron Beck und Donald Meichenbaum. Zudem werden seit dieser „kognitiven Wende“ bestimmte Besonderheiten (etwa bestimmte Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisprozesse) bei Menschen mit psychischen Störungen verstärkt untersucht und bei der Behandlung berücksichtigt.

Vorgehen und Methoden

Unter der Bezeichnung Verhaltenstherapie bzw. kognitive Verhaltenstherapie wird heute eine Vielfalt an therapeutischen Interventionsformen beziehungsweise -programmen subsummiert. Beispielhaft erwähnt seien hier die Progressive Muskelentspannung, das Problemlösetraining, verschiede Arten der Reizkonfrontation, das Training Sozialer Kompetenzen oder der sokratische Dialog. Welche Methoden in welcher Reihenfolge zum Einsatz kommen, wird durch die spezifische Themenkonstellation des Klienten bestimmt.

Folgende Merkmale sind kennzeichnend für verhaltenstherapeutisches Vorgehen: Ziel der Verhaltenstherapie ist es, den Klienten zum Experten im Selbstmanagement zu machen und mit ihm aktive Bewältigungsstrategien für bestehende Schwierigkeiten zu erarbeiten. Der Veränderungsprozess beginnt, wenn der Klient ein gutes Verständnis davon hat, was seine Problematik bedingt und aufrecht erhält. Die Verhaltenstherapie betont die Wichtigkeit wiederholter Lernerfahrungen, und zwar sowohl bei der Entstehung eines Problems als auch bei seiner Veränderung. Während der Phase der Veränderung ist entsprechend eine aktive Rolle des Klienten wichtig; er wird vom Therapeuten immer wieder dazu ermutigt werden, neue Verhaltensweisen und Problemlösestrategien zu erproben. Das bedeutet auch, dass Verhaltenstherapie sich nicht auf die Sitzungen beim Therapeuten beschränkt und der Klient sich auch zwischen den Sitzungen mit der Therapie beschäftigen und beispielsweise neue Dinge ausprobieren sollte. Denn nur häufig wiederholte neue Erfahrungen führen wirklich zu stabilen neuen Verhaltensmustern.

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